Meine Lieben,
die neue Seite steht. Sie wankt auch noch ein wenig, aber das kriegen wir in den Griff.
Ich möchte alle, die mich weiterhin lesen wollen, bitten mir durch die Worte in Richtung acrosswords.blogspot.com zu folgen.
Treten Sie ein, legen Sie Ihre
traurigkeit ab, hier
dürfen Sie schweigen
Rainer Kunze
Freitag, 4. Februar 2011
Freitag, 14. Januar 2011
Heimkommen
Damals: Heimkommen
Während sie vor knapp anderthalb Jahren am Flughafen Edinburgh saß und auf den Aufruf zum Boarding nach München wartete suchte sie verzweifelt nach dem Gefühl des Heimkommens in sich. Doch da war nichts außer einem unangenehmen Ziehen in der Brust und verstreuten Bildern vom Meer, von dunklen Gassen, von lachenden Menschen und grünen Hügeln in ihrem Kopf. Schottland hatte sie geschluckt, kompromisslos, klaglos, mit Haut und Haaren. Wenn sie ehrlich war so musste sie sich eingestehen dass sie sich fürchtete vor München, dem großen Kritiker, der sie schon so oft wieder ausgespien hatte.
Was sie an Schottland vermissen würde:
Poesie (den Geschmack, die Reinheit, das Schwindelgefühl und die zitternden Wimpern, in geringen Dosen eingenommen, genau wie - ) Whisky (siehe Poesie, erweckte den Mann in ihr, genau wie - ) Sex (das wache Herz, den salzigen Schweiß, das Hecheln, genau wie - ) Schönheit (ihren Körper und all die Körper in ihrer Umgebung, all die Seelen in ihrer Umgebung und ihre - ) Seele (all diese Elemente aufzuheben nebst) Verstand (all diese Elemente zu ordnen).
Ich kehre zurück
in das Land
mit dem leeren Himmel:
eine weiße Bühne
für meine Erinnerungen.
Die Gedanken sind schwarz und frei.
Sie wüten in mir.
Es ist
eine unerträgliche Hitze
nach Monaten voller
Meersturm.
Die Luft hier schmeckt
wie abgestandenes Wasser.
Ich muss sie kochen
mit meinen brennenden Lippen.
Wenn sie erkalten,
wenn meine Gedanken endlich
weggesperrt sind und
wenn die Bühne weiterzieht
bleibt Nausea.
Jetzt: Heimkommen
Während sie am Münchner Flughafen sitzt und auf den Aufruf zum Boarding nach Edinburgh wartet sucht sie verzweifelt nach einem Gefühl des Verlierens in sich. Doch da ist nichts außer einem aufgeregten Flattern in der Brust und verstreuten Bildern von Krankenhäusern, dunklen Gassen, grausamen Menschen und einsamen Nächten in ihrem Kopf. Schottland würde sie mit offenen Armen empfangen und die Leere in ihr füllen, das wusste sie, genauso wie München sie schmerzlos gehen ließ.
Nur ihre Freundin würde sie zurücklassen. Sie nimmt ihr Handy heraus und schreibt ihr: „Du bist da. Wer will schon einen Körper, wenn er einen Geist haben kann?“. Dann schaltet sie ihr Telefon aus, steigt in den Flieger und überquert den Ozean, der in ihrem Leben die Grenze zwischen Sollen und Wollen markiert.
Als sie nach der Landung das Handy wieder einschaltet lautet die Antwort: „Nimm mich mit zurück in deine erste schottische Nacht.“
Und das tut sie:
Nachts schmeckt die Luft
nach verbranntem Regen
mit einer Prise Gefahr –
wir kosten, wir seufzen selig, wir
fürchten uns nicht
Wir haben dir das Lachen
auf die Fahnen geschrieben
wir laufen zu dir und in dich und
weg schneller schneller nein wir
fürchten uns nicht
Kinderspiele Erwachsenenspiele
nachts
verschwimmt der Grat zwischen
Spaß und Ernst
verschwinden wir zwischen
schwarzen Schatten und Feuerwerkskörpern
befinden wir nein wir
fürchten uns nicht wir
fürchten uns nicht das
Mädchen im Hauseingang hält sich
an ihrer Flasche fest ihre
Welt verschwimmt zwischen
Ernst und schwarzen Schatten
es fürchtet sich wohl doch wir
halten uns an unseren Flaschen fest
wir verschwinden zwischen
Spaß und Feuerwerkskörpern wir
nein wir nicht
wir fürchten uns nicht
Während sie vor knapp anderthalb Jahren am Flughafen Edinburgh saß und auf den Aufruf zum Boarding nach München wartete suchte sie verzweifelt nach dem Gefühl des Heimkommens in sich. Doch da war nichts außer einem unangenehmen Ziehen in der Brust und verstreuten Bildern vom Meer, von dunklen Gassen, von lachenden Menschen und grünen Hügeln in ihrem Kopf. Schottland hatte sie geschluckt, kompromisslos, klaglos, mit Haut und Haaren. Wenn sie ehrlich war so musste sie sich eingestehen dass sie sich fürchtete vor München, dem großen Kritiker, der sie schon so oft wieder ausgespien hatte.
Was sie an Schottland vermissen würde:
Poesie (den Geschmack, die Reinheit, das Schwindelgefühl und die zitternden Wimpern, in geringen Dosen eingenommen, genau wie - ) Whisky (siehe Poesie, erweckte den Mann in ihr, genau wie - ) Sex (das wache Herz, den salzigen Schweiß, das Hecheln, genau wie - ) Schönheit (ihren Körper und all die Körper in ihrer Umgebung, all die Seelen in ihrer Umgebung und ihre - ) Seele (all diese Elemente aufzuheben nebst) Verstand (all diese Elemente zu ordnen).
Ich kehre zurück
in das Land
mit dem leeren Himmel:
eine weiße Bühne
für meine Erinnerungen.
Die Gedanken sind schwarz und frei.
Sie wüten in mir.
Es ist
eine unerträgliche Hitze
nach Monaten voller
Meersturm.
Die Luft hier schmeckt
wie abgestandenes Wasser.
Ich muss sie kochen
mit meinen brennenden Lippen.
Wenn sie erkalten,
wenn meine Gedanken endlich
weggesperrt sind und
wenn die Bühne weiterzieht
bleibt Nausea.
Jetzt: Heimkommen
Während sie am Münchner Flughafen sitzt und auf den Aufruf zum Boarding nach Edinburgh wartet sucht sie verzweifelt nach einem Gefühl des Verlierens in sich. Doch da ist nichts außer einem aufgeregten Flattern in der Brust und verstreuten Bildern von Krankenhäusern, dunklen Gassen, grausamen Menschen und einsamen Nächten in ihrem Kopf. Schottland würde sie mit offenen Armen empfangen und die Leere in ihr füllen, das wusste sie, genauso wie München sie schmerzlos gehen ließ.
Nur ihre Freundin würde sie zurücklassen. Sie nimmt ihr Handy heraus und schreibt ihr: „Du bist da. Wer will schon einen Körper, wenn er einen Geist haben kann?“. Dann schaltet sie ihr Telefon aus, steigt in den Flieger und überquert den Ozean, der in ihrem Leben die Grenze zwischen Sollen und Wollen markiert.
Als sie nach der Landung das Handy wieder einschaltet lautet die Antwort: „Nimm mich mit zurück in deine erste schottische Nacht.“
Und das tut sie:
Nachts schmeckt die Luft
nach verbranntem Regen
mit einer Prise Gefahr –
wir kosten, wir seufzen selig, wir
fürchten uns nicht
Wir haben dir das Lachen
auf die Fahnen geschrieben
wir laufen zu dir und in dich und
weg schneller schneller nein wir
fürchten uns nicht
Kinderspiele Erwachsenenspiele
nachts
verschwimmt der Grat zwischen
Spaß und Ernst
verschwinden wir zwischen
schwarzen Schatten und Feuerwerkskörpern
befinden wir nein wir
fürchten uns nicht wir
fürchten uns nicht das
Mädchen im Hauseingang hält sich
an ihrer Flasche fest ihre
Welt verschwimmt zwischen
Ernst und schwarzen Schatten
es fürchtet sich wohl doch wir
halten uns an unseren Flaschen fest
wir verschwinden zwischen
Spaß und Feuerwerkskörpern wir
nein wir nicht
wir fürchten uns nicht
Mittwoch, 5. Januar 2011
Vom Retten
Damals: das wappnen
Damals (war es wirklich erst gestern?), als ihr Handy klingelte und die SMS eine Nachricht unbekannten Absenders zeigte, wusste sie sofort, wer ihr geschrieben hatte.
„Salut ma chérie, are you still in Munich? Tomorrow, 8pm at that pub near that church. Be there or be sorry. Bisous”
Die Katze hatte sich auf Samtpfoten zurück in ihr neues Leben geschlichen.
Den Rest ihrer Nachtschicht arbeitete sie wie in den vergangenen Tagen stumm und mechanisch. Nun auch mit zitternden Händen. Sie sprach mit ihrem Chef, der verwundert und leicht genervt ihre Schichten für die kommende Woche strich. Sie verzichtete auf den MVV und lief im warmen münchner Spätsommer nach Hause.
Dort angelangt goss sie sich vorsichtig ein Glas Whisky ein, setzte sie sich an den Computer und änderte ihren Rückflug nach Schottland. Sie legte sich die Klamotten für einen weiteren Tag beiseite und packte einen 20kg schweren Koffer. Sie schrieb ihrer Freundin: „Ein Geist ist zurück. Ich fliege übermorgen.“
Sie sah sich um. Irgendwann zwischen Carol Ann Duffy und E. E. Cummings, zwischen drei und vier Uhr morgens, zwischen dem vierten und dem fünften Whisky, zwischen dem fünften und sechsten unbeantworteten Anruf ihrer Freundin, fiel sie in einen unruhigen Schlaf.
es ist ein
stahlgrauer tag das
sirren der waffen liegt
in der luft es
wächst
mein schlachtenmüdes herz
wimmert
ich streichle seine
rauen schwielen ich
summe eisen eisen wie
ein wiegenlied zum
einschlafen zu sagen ich
flüstere blut blut wie
ein geheimnis das
nur wir kennen
mein narbenstarres herz
wird still
nur das summen hörbar und
es wächst und
es wächst und
es schrillt die glocke
der schlag kommt der
schlag kommt
er kommt
Heute: das trösten
Viel zu früh steht sie auf, die Nachtschicht steckt ihr noch in den Knochen und ein Blick in den Spiegel beweist, dass sie ihr auch in den Augen steckt. Als sie sich auch in der Dusche nicht wegwaschen lässt begräbt sie sie unter Makeup.
Den Tag über starrt sie Buchstaben und ihren Koffer an, der bestimmt nicht alles enthält, was sie braucht. (Das tut er nie.)
Viel zu früh steht sie am vereinbarten Treffpunkt. Den wasserstoffblonden Kopf sieht sie schon von weitem. Sie holt tief Luft.
Cats Gesicht ist so schön wie vor knapp einem Jahr, doch das linkische Lächeln hat einer Bitterkeit Platz gemacht. Sie drückt ihr kurz und hart die Lippen auf den Mund. Fast schroff erklärt das Mädchen, dass es zu ihr nach Hause gehen möchte. Sie gehorcht.
Die Katze erklärt nicht, was ihr in der Zwischenzeit widerfahren ist. Sie wirft einen kurzen Blick auf den Koffer, nimmt unaufgefordert die Whiskyflasche, füllt ihr Glas bis zum Rand und prostet ihr zu. Dann zieht sie sich schweigend aus.
Sie streichelt den nackten mageren Körper des blonden Mädchens, das ihr so fremd und so vertraut ist, doch es reagiert kaum auf die Zärtlichkeit. Es starrt sie unverwandt an, zeitweise ist sie sich sogar sicher dass die grünen Augen wütend aufblitzen. Auf die Frage hin, ob es nicht besser wäre aufzuhören und nur zu reden oder zu schlafen, schüttelt es heftig den Kopf.
Sie lieben sich verbissen.
Sie ist nicht überrascht und nicht einmal verletzt, als Cat sich früh am nächsten Morgen anzieht und ohne ein Wort des Danks verschwindet. Von ihrer wunden Liebe ist nichts übrig als Mitleid.
Müde, als hätte sie in der vergangenen Nacht eine schwere Last abgestreift, schlüpft sie in die vorbereiteten Klamotten, nimmt ihren Koffer und ihr Flugticket und geht zur S-Bahn.
Der Schrei
der wie eine Farbe
den endlosen Raum füllt
Worte
Gesten und Berührungen
werden Masse
werden Sandkörner
unzählbar und unbedeutend
Ich schütte sie
in den Raum
ihn zu definieren
Oder
einen Boden zu legen
auf dem man beschwerlich gehen kann
und manchmal rasten
und etwas in der Hand zu halten
und ein Geräusch zu hören, das von Außerhalb kommt
bis das Salzwasser
die Farbe auswäscht
Damals (war es wirklich erst gestern?), als ihr Handy klingelte und die SMS eine Nachricht unbekannten Absenders zeigte, wusste sie sofort, wer ihr geschrieben hatte.
„Salut ma chérie, are you still in Munich? Tomorrow, 8pm at that pub near that church. Be there or be sorry. Bisous”
Die Katze hatte sich auf Samtpfoten zurück in ihr neues Leben geschlichen.
Den Rest ihrer Nachtschicht arbeitete sie wie in den vergangenen Tagen stumm und mechanisch. Nun auch mit zitternden Händen. Sie sprach mit ihrem Chef, der verwundert und leicht genervt ihre Schichten für die kommende Woche strich. Sie verzichtete auf den MVV und lief im warmen münchner Spätsommer nach Hause.
Dort angelangt goss sie sich vorsichtig ein Glas Whisky ein, setzte sie sich an den Computer und änderte ihren Rückflug nach Schottland. Sie legte sich die Klamotten für einen weiteren Tag beiseite und packte einen 20kg schweren Koffer. Sie schrieb ihrer Freundin: „Ein Geist ist zurück. Ich fliege übermorgen.“
Sie sah sich um. Irgendwann zwischen Carol Ann Duffy und E. E. Cummings, zwischen drei und vier Uhr morgens, zwischen dem vierten und dem fünften Whisky, zwischen dem fünften und sechsten unbeantworteten Anruf ihrer Freundin, fiel sie in einen unruhigen Schlaf.
es ist ein
stahlgrauer tag das
sirren der waffen liegt
in der luft es
wächst
mein schlachtenmüdes herz
wimmert
ich streichle seine
rauen schwielen ich
summe eisen eisen wie
ein wiegenlied zum
einschlafen zu sagen ich
flüstere blut blut wie
ein geheimnis das
nur wir kennen
mein narbenstarres herz
wird still
nur das summen hörbar und
es wächst und
es wächst und
es schrillt die glocke
der schlag kommt der
schlag kommt
er kommt
Heute: das trösten
Viel zu früh steht sie auf, die Nachtschicht steckt ihr noch in den Knochen und ein Blick in den Spiegel beweist, dass sie ihr auch in den Augen steckt. Als sie sich auch in der Dusche nicht wegwaschen lässt begräbt sie sie unter Makeup.
Den Tag über starrt sie Buchstaben und ihren Koffer an, der bestimmt nicht alles enthält, was sie braucht. (Das tut er nie.)
Viel zu früh steht sie am vereinbarten Treffpunkt. Den wasserstoffblonden Kopf sieht sie schon von weitem. Sie holt tief Luft.
Cats Gesicht ist so schön wie vor knapp einem Jahr, doch das linkische Lächeln hat einer Bitterkeit Platz gemacht. Sie drückt ihr kurz und hart die Lippen auf den Mund. Fast schroff erklärt das Mädchen, dass es zu ihr nach Hause gehen möchte. Sie gehorcht.
Die Katze erklärt nicht, was ihr in der Zwischenzeit widerfahren ist. Sie wirft einen kurzen Blick auf den Koffer, nimmt unaufgefordert die Whiskyflasche, füllt ihr Glas bis zum Rand und prostet ihr zu. Dann zieht sie sich schweigend aus.
Sie streichelt den nackten mageren Körper des blonden Mädchens, das ihr so fremd und so vertraut ist, doch es reagiert kaum auf die Zärtlichkeit. Es starrt sie unverwandt an, zeitweise ist sie sich sogar sicher dass die grünen Augen wütend aufblitzen. Auf die Frage hin, ob es nicht besser wäre aufzuhören und nur zu reden oder zu schlafen, schüttelt es heftig den Kopf.
Sie lieben sich verbissen.
Sie ist nicht überrascht und nicht einmal verletzt, als Cat sich früh am nächsten Morgen anzieht und ohne ein Wort des Danks verschwindet. Von ihrer wunden Liebe ist nichts übrig als Mitleid.
Müde, als hätte sie in der vergangenen Nacht eine schwere Last abgestreift, schlüpft sie in die vorbereiteten Klamotten, nimmt ihren Koffer und ihr Flugticket und geht zur S-Bahn.
Der Schrei
der wie eine Farbe
den endlosen Raum füllt
Worte
Gesten und Berührungen
werden Masse
werden Sandkörner
unzählbar und unbedeutend
Ich schütte sie
in den Raum
ihn zu definieren
Oder
einen Boden zu legen
auf dem man beschwerlich gehen kann
und manchmal rasten
und etwas in der Hand zu halten
und ein Geräusch zu hören, das von Außerhalb kommt
bis das Salzwasser
die Farbe auswäscht
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